Dann geht es um Vertrauensaspekte, um die Sammelverfahren an sich und wenn man dann tiefer in die Materie einsteigen möchte, offenbart sich in der Psychologie des Helfens, wo man auch das Spenden einordnen kann, eine wahre Fundgrube an Ansatzpunkten die herangezogen werden können, um den Spendenverfahren kritisch und nah auf die Pelle zu rücken. Zugegeben, auch ich bin nicht abgeneigt in Spendenfragen bisweilen recht haarspalterisch zu sein. Schließlich geht es ja auch um Geld.
Was aber, wenn mein Geld beim Spenden zunächst mal gar nicht in erster Reihe steht?
Was, wenn meine Bank selbst spendet, damit einem sozialen oder gemeinnützigen Auftrag nachkommt und ich (nur) noch entscheide, wo bzw. bei welchem regional angesiedelten, gemeinnützigen Verein oder Organisation das von der Bank hierfür vorgesehene Geld ankommen soll?
Zugegeben, dann bin ich erst einmal überrascht oder anders gesagt: positiv verwirrt.
Mit „Vote n‘ Help“ startet die Volksbank Bühl ein kleines, regionales „Spenden-Experiment“, basierend auf den partizipativen Potentialen von Facebook, wobei in diesem Fall nicht lediglich Features „von der Stange“ zum Tragen kommen sondern ein für die Zukunft maßgeschneidertes Konzept entwickelt wurde, das zukünftig allen Volks- und Raiffeisenbanken diesen oder einen ähnlichen Service zumindest ermöglichen kann, wenn gewünscht.
Im Folgenden soll es nun nicht voreilig um Erfolgsaussichten oder gar eine Bewertung von „Vote n‘ Help“ gehen, zumal das voting noch bis Anfang Januar möglich ist. Die Anzahl der bis heute abgegebenen Stimmen imponiert aber auf den ersten Blick durchaus und, das ist für mich einmal der zentralste Erkenntnisgewinn bisher aus diesem Verfahren:
Menschen scheinen den Gedanken des regionalen Spendens, in Verbindung mit einer oder ihrer Bank nachzuvollziehen und nutzen einen Spendendienst ihrer Bank zur Förderung von gemeinnützigen Vereinen oder Organisationen in ihrer Region.
Ich denke, dies kann man zum heutigen Tag schon behaupten.
Was aber sind nun eigentlich die Unterschiede zwischen regelmäßigen und automatischen Bank-Mikrospenden und Social Media gestützten, regionalen Spenden einer Bank?
Ich versuche einmal zunächst, Gemeinsamkeit zu finden:
In beiden Fällen erhalten regionale, gemeinnützige Vereine / Organisationen Geld für ihre Arbeit oder zur Förderung ihrer gemeinnützigen Zwecke.
Und hier hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf und die deutlich zahlreicheren Unterschiede treten hervor, die ich mal versuchsweise in eine Tabelle gepackt habe:
Social Media gestützte, regionale Spenden der Bank |
Regionale, automatische Bank-Mikrospenden | |
Wer spendet?
|
die Bank | Menschen aus der Region mit Bankkonto |
Wer entscheidet über die Höhe der Spende?
|
die Bank | Die Mikrospender bzw. die Anzahl der Spender |
Wer bestimmt, wann der Spendenbetrag vergeben wird?
|
die Bank | Der Verein bzw. Organisation, die gefördert wird, da es sich um ein kontinuierliches, regelmäßiges Sammelverfahren handelt |
Wieviel Spendengelder erhält ein Verein / Organisation? |
Stand 12 / 2010: 1.500,00€ pro gevotetem Verein, einmalig |
Abhängig von der Spenderzahl, ca. 5.000,00€ pro Verein und Jahr, fortlaufend |
Wer entscheidet, an wen gespendet wird? | Menschen aus der Region und darüber hinaus via Facebook | Diese Entscheidung gibt es nicht. An alle teilnehmenden Vereine / Organisationen kann gespendet werden |
Welche Vereine / Organisationen können mitmachen? | Gemeinnützigkeit und regionale Anbindung als Voraussetzung | Gemeinnützigkeit und regionale Anbindung als Voraussetzung |
Notwendige, technische Voraussetzungen des Verfahrens | Facebook-Account | Subsystem im Zentralrechner der Bank |
Soviel in aller Kürze zu den für mich wesentlichen Unterschieden beider Ansätze. Ein Aspekt scheint mir besonders wesentlich. Es geht dabei gar nicht einmal um die zu erreichende Spendenhöhe oder die technische Realisierung. Es geht um Grenzen, die meiner Meinung nach dadurch gesetzt werden, dass nicht die Menschen in der Region regelmäßig spenden sondern „Vote n' Help“ ein Bank-Projekt ist, das sich damit auf Grund der bankinternen Gesetzmäßigkeiten auch selbst limitiert.
Ein Beispiel:
Am 07.12 schreibt Frau Schröder auf der Facebook-Site der Voba Bühl:
„wie kann man da mitmachen, wir sind zum Beispiel ein junger, neuer Verein der Schwimmclub Bühlertal, haben wir auch eine Chance?“
Die Antwort der Volksbank Bühl:
"Hallo Frau Schröder, in die laufende Votingphase können leider keine weiteren Vereine aufgenommen werden. Evtl. machen wir im nächsten Jahr nochmals eine Runde mit weiteren bzw. anderen Vereinen. Wir starten dann rechtzeitig eine Bewerbungsphase für Vereine.... VG und einen schönen Mittwoch!"
Dieser kurze Dialog zeigt die Grenzen auf, die einem Spendenprojekt wie „Vote n' Help“ nahezu "zwangsläufig" gesetzt werden. Eine kontinuierliche Förderung durch Spenden für alle interessierten, regionalen Vereine / Organisationen kann das Projekt nicht realisieren. Zu teuer, zu zeitaufwendig für die Bank, die ja auch noch andere Aufgaben hat als selbst zu spenden.
Es stellt sich damit die Frage, ob gemeinnützige Vereine / Organisationen die Chancen, die sich ihnen irgendwann einmal wahrscheinlich bieten abwarten und sich parallel nach anderen Spendenkanälen umschauen oder aber, und das würde mich und den Jugendtreff positiv verwirren, Banken lassen in Zukunft den Gedanken des kontinuierlichen Mikrospendens zu und geben damit den Menschen in ihrer Region ein technischs „Werkzeug“ oder „Feature“ an die Hand, mit dem diese selbst Ort, Zeit und Spendenhöhe gestalten können.
Ich will ja gar nicht meckern und gebe gerne zu: Facebook verleiht „Vote n' Help“ einen touch hipness und die gevoteten Sportvereine werden die von der Bank gesetzten 1.500,00€ pro Verein sicher gut gebrauchen können. Vielleicht kommt irgendwann aber die Zeit, in der Banken den Mut aufbringen, Mikrospenden zumindest modellhaft regional zu erproben. Facebook wird dabei allerdings nicht ausreichen. Denn spätestens in dem Moment, wo es mit dem Subsystem ans „Eingemachte“ geht, führt kein Weg mehr an den Rechenzentren vorbei.