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Mittwoch, den 16. Mai 2012 um 21:40 Uhr

Sind Rechenzentralen die „IT-Monokulturen“ regionaler Banken?

Geschrieben von  connormarc

Seit einiger Zeit belebt die Debatte über Monokulturen und (Bio)Diversität gleichsam Laien, Interessierte und Fachleute. Das verwundert wenig, denn die Auseinandersetzung mit Themen wie „Vielfalt“, „Regionalisierung“, „Spezialisierung“ oder „Standardisierung“ sowie „Zentralisierung“ bildet, gerade vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Weltbevölkerung ein fortwährendes Spannungsfeld. Patentlösungen „von der Stange“, was Verteilungsfragen angeht, sucht man ja seit eh und je vergebens.

 

 

 

 

Aber Verteilungsfragen sind jederzeit verhandelbar und bestehende Strukturen modifizierbar, beeinflussbar bzw. veränderbar – sofern von Menschen gewollt und gefordert. Was sich im ökologischen Feld z.B. durch wachsendes Interesse an „Urbanen Gärten“ bzw. ganz allgemein durch beobachtbare Regionalisierungstendenzen zeigt, lässt im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit strukturellen Gegebenheiten und Potenzialen im regionalen Bankensektor leider (noch) zu wünschen übrig.

 

Anders gesagt: Nur die allerwenigsten Menschen beteiligen sich an Diskussionen und Überlegungen was (regionale) Banken, deren IT und den damit verbundenen Möglichkeiten angeht, diese an Bedürfnisse einer sogenannten „Bürgergesellschaft“ anzupassen.

 

Warum ist das so? Ich meine, es liegt u.a. an fehlenden Begrifflichkeiten, um abstrakte, virtualisierte Vorgänge für jedermann greifbarer zu machen.

 

Somit stellt sich die Frage, ob denn eventuell Begrifflichkeiten, entlehnt aus Überlegungen zu ökologischen Zusammenhängen, für einen gedanklichen Übertrag auf den (regionalen) Bankensektor in Frage kommen. Ein Vorteil wäre sicher der, die aus meiner Sicht zunehmend um sich greifende Debatte über ökologische Themen auf den Bankensektor auszuweiten bzw. „Banking“ anschlussfähig zu machen an grundlegende, breitenwirksame Debatten über z.B. Natur, Ökosysteme oder Lebensräume.

 

Hinter dieser Überlegung steht die Beobachtung, dass sich schlicht die wenigsten Menschen an Diskussionen über „Bank-Systeme“ beteiligen, sei es wegen der vermeintlich vorherrschenden Komplexität oder, so die These, aufgrund mangelnder Begrifflichkeiten, die assoziativ wirken und lebendige „Bilder“ hervorrufen können.

 

Wer sich seine Meinung über ökologische Zusammenhänge machen möchte, der sollte sich diese aber gleichsam über ökonomische bzw. ökonomisch-technologische Zusammenhänge machen (können). Warum trennen, was nicht getrennt werden sollte?

 

Der Versuch, eine begriffliche Brücke zwischen Technologie und Biologie zu schlagen ist es allemal wert und erst unlängst war in den Kommentaren einer Umfrage von Lothar Lochmaier zum Thema „Crowdfunding und Banken“ u.a. von „abgeschirmten IT-Landschaften“ die Rede. Und wenn schon von „Landschaften“ gesprochen wird, sollte der gedankliche Sprung zur These der „Monokulturen der Banken“ nicht allzu abwegig sein.

 

Sind Rechenzentralen also wie „IT-Monokulturen“ regionaler Banken? Ich meine ja.

 

Der Begriff der Monokultur ist grundsätzlich nicht unbedingt auf die Land- bzw. Forstwirtschaft beschränkt. Im übertragenen Sinn wird der Begriff auch in anderen Bereichen, wie z.B. dem Softwarebereich verwendet und verweist dort auf die Vorherrschaft eines Systems. Nimmt man diesen begrifflichen Transfer als Grundlage, so lassen sich nicht nur Chancen und Risiken von Bank-Rechenzentralen genauer betrachten sondern auch grundsätzliche Diskussionen darüber führen, inwieweit standardisierte, wenig flexible und in hohem Maße vorherrschende IT-Plattformen den Anforderungen und Bedürfnissen von Kunden oder, geht man von der Gesamtheit aller Kunden von regionalen Banken aus, sogar einer ganzen Gesellschaft gerecht werden kann.

 

"Regierungen müssten beispielhaft vorangehen und sicherstellen, dass nichts was sie für wichtig erachten, von einer Monokultur von IT-Plattformen abhänge"

 

Müssten Regierungen das? Und was wollen Kunden heute? Sind Fragestellungen dieser Art in der Ära weltumspannender IT-Plattformen überkommen oder gar lächerlich? Oder sind sie heute wichtiger und brisanter denn je?

 

Es scheint zumindest, als ließe sich der Begriff der Monokultur mit dem eines Bank-Rechenzentrums in Verbindung bringen. Wo lässt sich hier nun im nächsten Schritt der Begriff der Diversität bzw. Vielfalt zuordnen? Ein Begriff, der z.B. in der Ausprägung „Biodiversität“ recht positiv assoziiert wird und im Hinblick auf zentralisierte, standardisierte IT-Plattformen eher deplatziert scheint.

 

Da verwundert es wenig, dass der Begriff Diversität und damit „Vielfalt“ im technologischen Sinne nicht etwa ein vielfältiges Repertoire an verschiedenen Funktionalitäten bedeutet, sondern eher eine Strategie zur Erhöhung der Ausfallsicherheit von bestehenden Funktionen. Somit ist z.B. von Vielfalt bzw. Diversität im Bank-IT-Bereich die Rede, wenn ein zweites, redundantes Rechenzentrum die Risiken eines kompletten Ausfalls minimiert.

 

Wie steht es aber nun wirklich mit dem Vergleich von Monokulturen mit Bank-Rechenzentralen? Und greift der Begriff der „Diversität“ bzw. Vielfalt im technologischen Sinne vielleicht zu kurz?

 

Meldungen wie diese weisen zumindest ansatzweise in eine Richtung:

 

"Aktuelle Studien von UNO-Organisationen konnten nachweisen, dass Kleinbetriebe im Vorjahr mit der Dürre und Hungersnot am Horn von Afrika weit besser zurecht gekommen sind als die grossindustrielle Landwirtschaft. Vorteil des Ökolandbaus ist laut Experten vor allem der nachhaltige Umgang mit Böden und das Umgehen des Risiko, die Monokulturen mit sich bringen."

 

Folgt man der Ansicht, dass es sich bei Rechenzentralen von Banken um „IT-Monokulturen“ handelt, dann sollten Meldungen wie diese zumindest nachdenklich stimmen, denn sie wirft vielfältige Fragen auf:

 

- Welchen Stellenwert haben Einheiten geringer Größe heutzutage?


- Wirkt die Vielfalt, die mit zahlreichen kleineren Einheiten einhergeht, nachhaltiger    risikomindernd als die Sicherung von Monokulturen?


- Wohin führen die fortschreitenden IT-Monokulturen?


- Sind monokulturelle Ansätze mit dem wachsenden Bedürfnis nach Partizipation und  bürgerschaftlichem Engagement vereinbar bzw. in diese Richtung modifizierbar?


- Ist der Begriff der Diversität bzw. Vielfalt im technologischen Sinne um die Aspekte  der „vielfältigen Funktionalitäten“ erweiterbar?

 

Dies sind nur einige der Fragen, die es aus meiner Sicht wert sind, in Zusammenhang mit (regionalen) Banken debattiert zu werden. Und es sind Fragen, denen man sich stellen kann, ohne ein „Experte“ im Bank- bzw. Finanzwesen zu sein. Es sind grundlegende Fragen, die das derzeitige und zukünftige Zusammenleben von Menschen betreffen und damit Fragen, die eigentlich jeden etwas angehen.

 

Was aber leider fehlt sind Begrifflichkeiten, die abstrakte Systeme für jeden vorstellbar, beschreibbar und damit greifbar machen. Vielleicht kann unter der Bezugnahme auf ökologische Prozesse und Zusammenhänge ja ein Schritt in Richtung „Vergegenwärtigung“ gemacht werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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