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Samstag, den 22. Dezember 2012 um 23:13 Uhr

Zurück in die Zukunft von Raiffeisen und Co.? (Update 2012)

Geschrieben von  connormarc

„Nur mutige Menschen verändern Banken“ hieß es bereits im August 2011 im Finance2.0 Blog. Und auch heute, wir schreiben Dezember 2012, sind es Menschen wie Christian Felber, die bei Boris Janek nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Für mich stellt sich mit dem Ende des Jahres nun weiterhin die Frage, ob und ggf. wie ein Modell der "Gemeinwohlökonomie" in der Lage ist, längst fällige, strukturelle Veränderungen im Bankenwesen zu forcieren.

 

Das vielleicht sogar „konservativ“ das neue „mutig“ sein könnte, zeigt sich z.B. in einem Interview mit Christian Felber, der auf die Frage, wie Banken in einer von ihm definierten„Gemeinwohl-Ökonomie“ agieren sollten, folgende drei Leitprinzipien von Banken skizziert:

 

- Es geht um die Hereinnahme der Sparvermögen, möglichst aus der Region


- Es geht zweitens um die Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch idealerweise kostenlose Girokonten, außer man hat besondere Ansprüche


- Und drittens, und damit sind wir auch schon wieder fertig, die Ausgabe von möglichst   kostengünstigen Krediten, in der Region nach Möglichkeit

 

"Mehr braucht eine Bank im Grunde nicht zu leisten", so die Aussage Felbers.

 

 

Angesprochen auf die Aufgaben einer sog. „demokratischen Bank“, wie sie derzeit in Österreich in Grundzügen entwickelt wird, antwortet Felber:

 

Eine demokratische Bank würde sich auf diese 3 konservativen Kernaufgaben beschränken, also

 

- Verwaltung von Sparvermögen

 

- Bündelung von Geld auf (möglichst) kostenlosen Konten

 

- Realisierung von (möglichst) kostengünstigen Krediten

 

Das Ganze (möglichst) regional orientiert.

 

 

„Nur mutige Menschen verändern Banken“ und es könnte durchaus sein, als ob in „turbulenten“ Zeiten die Rückbesinnung auf „konservative“ Banking-Praktiken tatsächlich „mutig“ ist.

 

Aber es gibt keinen Weg zurück in die Zukunft von Raiffeisen und Co., soviel sollte sicher sein.

 

Und auch eine „demokratische“ Bank muss sich mit den „Spielregeln“ auseinandersetzen, die sich selbst mit dem Ziel „Bank zu sein“ auferlegt hat. Das dies nicht in einem kritiklosen Raum stattfindet, leuchtet ein.

 

Was Felber meiner Meinung nach eher unberücksichtigt lässt, ist die technische Infrastruktur von Banken, die Möglichkeiten, die sich durch eine digitalisierte Finanzwirtschaft ergeben sowie die Notwendigkeit, dass Banken dazu beitragen, diese technischen Systeme "offener" zu gestalten. Auch technikpartizipative Elemente, die sich aus dem Beziehungsgeflecht:

 

- Bank

 

- Bankkunde

 

- Rechenzentrum der Bank

 

ergeben, bleiben, zumindest in der Kürze des Interviews, unberücksichtigt.

 

Diese Konzentration auf die "Essenz des Banking", und damit eher darauf was Banking einmal war statt was es zukünftig sein könnte, ist zweifelsohne mutig, vor allem im Hinblick auf die (system)technischen Umwälzungen, die eine durchdigitalisierte Finanzwirtschaft mit sich bringt. Daher würden sich die eher „konservativen“ Leitprinzipien Felbers, meiner Meinung nach, um folgende Eckpunkte erweitern lassen:

 

- Implementierung digitaler Plattformen, die die Themen Tauschen, Leihen, Schenken und (Mikro)Spenden im regionalen Kontext aufgreifen


- Einrichtung von (regionalen) „Feedback“ und „Online-Petitionsplattformen“ zur Herstellung des Kontaktes zwischen Kunden und Rechenzentralen von Banken bzw. deren Innovationsabteilungen um den „Graben“ der (system)technischen Zentralisierung zwischen Kunde und Banken-IT zu verschmälern


- Langfristige Umwandlung von Bank-Rechenzentralen als „Hochsicherheitstrakte“ hin zu kooperativen IT-Dienstleistern mit technikpartizipativen Elementen

 

Wie viel Mut tatsächlich erforderlich ist, um o.g. Eckpunkte auf die Agenda von Banken und Rechenzentralen zu bringen, ist heute nicht absehbar. Ob sich aber der "mutige" Bankvertreter durch die Eigenschaft der Rückbesinnung auf jahrhundertealte Werte von Kaufleuten auszeichnet, darüber kann und darf jetzt schon nachgedacht werden.

 

 

 

Zur Vertiefung:


Hier geht es zum Gemeinwohlbericht der Sparda Bank München

 

 

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