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Sonntag, den 27. November 2011 um 22:03 Uhr

Was eine elektronische Bank-Mikrospende in den 60-er Jahren vermutlich gekostet hätte

Geschrieben von  connormarc

Die Auseinandersetzung mit mir selbst und dem Thema bankgestützte Mikrospenden führt unweigerlich in das Zentrum der Bank-IT und damit zur Frage, wie hoch denn sog. Buchungsposten oder Transaktionskosten heutzutage mikro-monetär bewertet werden können. Die schlechte Nachricht: So genau hat das noch niemand wirklich ergründet oder wissen wollen. Die gute Nachricht: Anhaltspunkte kommen ausgerechnet aus den 60er Jahren, als die Bank-IT-Zentralisierung und Automatisierung noch in ihren „Kinderschuhen“ steckte.

 

 

 

Auf Jürgen Dube und seine thematische Aufarbeitung der Entwicklung der genossenschaftlichen Rechenzentralen geht der Verdienst zurück, aus heutiger Sicht greifbarer zu machen, was eine elektronische Mikrospende, also eine Art elektronischer Buchungsposten, z.B. Anfang der 60-er Jahre gekostet hätte:

 

„Die Größenordnung der Kosten pro Buchungsposten – bei aller Problematik der Vergleichbarkeit – wurden 1962 von drei unterschiedlichen Volksbanken mit 12,4 bis 10,3 Pfennig für konventionelle Buchungsmaschinen, mit 9,3 Pfennig für die Anker-Lochkontokarten-Maschine LKM und mit 11,8 Pfennig für eine Lochkartenanlage IBM 421 angegeben.“

 

Legt man einmal die höchste, aufgeführte Gebühr pro Buchungskosten in Höhe von 12,4 Pfennig zu Grunde wird relativ schnell klarer, warum Bank-Mikrospenden in den 60-er Jahren noch kein Thema waren:

 

Denn wenn durchschnittlich pro elektronischem Sammelvorgang zwischen 40 und 50 Pfennig gesammelt werden, schlagen Buchungskosten in Höhe von 12,4 Pfennig mit 25%-30% des gesammelten Mikrobetrages zu Buche – wohl auch für überzeugte Spender eine eher unüberwindbare Denkhürde.

 

Doch Ende der 60-er Jahre und vor allem in den 70-er Jahren machte sich eine Entwicklung bemerkbar, die Dube folgendermaßen beschreibt:

 

„Der effektive Buchungspostenpreis (…) war im gleichen Zeitraum trotz erheblicher qualitativer Leistungssteigerungen von 10,8 auf 8,1 Pfennig gesunken. Seinen absoluten Tiefstand hatte er in 1975 mit 5,6 Pfennig“

 

5,6 Pfennig im Jahre 1975. Mit ca. 10% Gebühren auf die durchschnittlich gesammelte Mikrospende in Höhe von 50 Pfennig wäre es zumindest im Ansatz möglich gewesen, das Thema elektronische Kleinspenden ernsthafter in Erwägung zu ziehen.

 

Heute ist 2011 und weitere 36 Jahre sind (Zentralisierungs und Automatisierungs)Geschichte.

 

Was sich bis heute nicht oder nur wenig geändert hat ist der eher „spekulative“ Charakter, der dem Thema Transaktionskosten bei Klein- und Kleinstspenden-Sammlungen, auch in der heutigen Fachliteratur, weiterhin anhaftet.

 

„(...)für Mikrobeträge von wenigen Euro müssten entweder die Transaktionskosten gegen Null gehen oder die Geldgeber tragen auch diese Kosten, damit eine positive Netto-Summe erzielt werden kann.“

 

Auch nach jahrzehnten intensiver Technisierungs-, Automatisierungs- und Zentralisierungsprozessen ist man heute, außerhalb des Bank-IT-Wesens mehr als vorsichtig, was die offene, detaillierte Auseinandersetzung mit Transaktionskosten angeht denn nichts genaues weiß man nicht. Dabei, und dies darf zumindest gemutmaßt werden:

 

Bereits Mitte der 70-er Jahre hätte man über Mikrospenden-Buchungen und zentralgestützte regionale Sammelsysteme diskutieren können, denn der Weg in Richtung „gegen Null“ hatte irgendwie bereits begonnen und auch das „Tragen“ von Verwaltungsgebühren in Spendenangelegenheiten war (und ist) alles andere als ein Tabuthema.

 

Warum sollten Menschen für eine IT-Dienstleistung ihrer Bank-IT-Dienstleister nicht zahlen wollen? Achtung, These!

 

Und es folgen noch 3 weitere:

 

Mikrospenden bzw. das automatisierte, elektronische Sammeln von Klein- und Kleinstbeträgen durch die IT von regionalen Banken sind möglich, und dies schon längere Zeit.


Der Verweis auf nach wie vor zu hohe Buchungspostenpreise oder Transaktionskosten als Ausschlußkriterium für Sammelsysteme dieser Art ist nicht mehr zeitgemäß, zumal Menschen bereit sind, im Spendenwesen auch anfallende „Verwaltungskosten“ mitzutragen.


Auch nach jahrzehnten intensiven Automatisierungs- Technisierung und Zentralisierungsprozessen im regionalen Bankwesen scheint es heute noch nahezu unmöglich, mit Verantwortlichen einen offenen Dialog über zentralgestützte elektronische Klein- und Kleinstspenden-Sammelsysteme und deren Finanzierung zu führen.

 

 

Zur thematischen Vertiefung:

 

Crowdfunding und andere Formen informeller Mikrofinanzierung in der Projekt- und Innovationsfinanzierung

 

Computer für Genossenschaften. Die Geschichte der genossenschaftlichen Rechenzentralen

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